Montag, 12. Mai 2008

Phnom Penh

In Phnom Penh - der Hauptstadt Kambodschas - angekommen, erwartete uns ein ganz anderes - sehr bedrueckendes - Stueck kambodschanischer Geschichte:


[ ... hier eine kurze Zusammenfassung der Geschaehnisse ohne Gewaehr auf Vollstaendigkeit ... wen es interessiert kann ohnehin selbst nachlesen]


[ ... ] Im Jahre 1945 wurde Kambodscha unter Koenig Sihanouk von den Franzosen in die Unabhaengigkeit entlassen. Diese wurde von der Genfer Konferenz im Jahre 1954 unter der Auflage freie Wahlen abzuhalten, anerkannt. Koenig Sihanouk dankte ab, setzte seinen Vater Norodom als Koenig auf den Thron und gruendete die Partei "Sozialistische Volksgemeinschaft" mit der er 1955 in den Wahlkampf zog und mit 99 %iger Mehrheit auch gewann. Er war ein machtbesessener Politiker und regierte das Land mit eiserner Hand. Die kommunistischen Elemente, von Sihanouk Khmer Rouge ("rote Khmer") genannt, mussten sich in laendliche Regionen zurueckziehen um der Verhaftung zu entgehen. Als der Koenig 1960 starb ernannte sich Sihanouk selbst zum Staatsoberhaupt. Unterdessen brach der zweite Indochinakrieg aus und die Lage in Vietnam spitzte sich zunehmend zu. Offiziell blieb Sihanouk neutral, doch insgeheim gestatte er der nordvietnamesischen Regierung ihre in Suedvietnam opierierenden Vietcong-Guerilla ueber kambodschanisches Staatsgebiet zu versorgen und duldete u.A. die Lieferung von Waffen. Als 1969 die Amerikaner mit der Bombardierung verschiedener Provinzen an der ostkambodschanischen Ostgrenze begannen, wo sie Verstecke der Vietcong vermuteten, wurden mehrere Hundert kambodschanische Zivilisten getoetet. Diese Angriffe fuehrten nach allgemeiner Ansicht zur Aufstieg der Khmer Rouge. [ .... ] Noch heute sind in Kambodscha ueberall Landminen verstreut, die zu Verletzungen und Todesfaellen bei der Bevoelkerung fuerhen. Es wird strikt davon abgeraten sich abseits der Strassen aufzuhalten, da immernoch nicht alle Minen aufgespuert werden konnten und dies wohl auch noch Jahrzehnte dauern wird. {....} Der Unmut aus den linken politischen Lagern nahm zu und der General Lon Nol nutzte eine guenstige Gelegenheit um Sihanouk abzusetzen. [ ... ] Die Nordvietnamesen drangen weiter in das Land ein und verwandelten es in ein bitter umkaempftes Schlachtfeld des zweiten Indochinakriegs. Das Land versank im Chaos was die Roten Khmer dazu ausnutzten sich neu zu formieren.


Im April 1975 maschierten die Streitkraefte der Roten Khmer unter dem begeisterten Jubel der kambodschanischen Bevoelkerung in Phnom Penh ein. Man glaubte, dass der Krieg nun endgueltig vorbei waere und endlich wieder Frieden herrschen wuerde. Unter dem Anfuehrer der Kommunistischen Partei Pol Pot setzte seit der Prozess eines kommunistischen Umbaus ein. Pol Pot wollte Kambodscha in einen Bauernstaat verwandeln und die gesamte Bevoelkerung Phnom Penhs wurde gewaltsam aufs Land umgesiedelt. Weiterhin wurde eine Massenexekution von Intellektuellen, Lehrer, Schriftstellern, Gebildeten und anderen Familien angeordnet. Diese Schreckensherrschaft dauerte ganze vier Jahre an, bis im Jahr 1979 vietnamesische Streitkraefte in der kambodschanischen Hauptstadt, die bis dahin eine Geisterstadt war, einmaschierten. Bis zu diesem Zeitpunkt sind schaetzungsweise 2 Millionen Menschen dem Voelkermord zum Opfer gefallen. Dies machte damals ein Viertel der Bevoelkerung aus!
Diese unfassbar grausame Aaera (und das besonderes Erschreckende dabei ist, dass dies grade mal 30 Jahre (!!!) her ist) kann man in Phnom Penh gradezu noch "spueren", wenn man sich damit auseinandersetzt. Wir besuchten hier das Genozidmuseum Toul Sleng (S-21), die ehemals zur Folterstaette umfunktionierte Schule. An diesem Ort wurden unter Pol Pot's Regime all die Menschen fuerchterlich gequaelt und misshandelt, die "in Ungnade gefallen sind" bevor sie zur Exekution zu Einem der vielen im Lande befindlichen Killing Fields (Massengraeber) verfrachtet wurden. Die Besichtigung des Museums sowie der Killing Fields bedrueckte uns zutiefst und man kann es einfach nicht begreifen, was vor nicht allzu langer Zeit dort Schreckliches passiert ist und wieviele Menschen einfach gnadenlos abgeschlachtet wurden! Im S-21 wurden vor allem die Elite des Landes verhoert und gefoltert bevor diese bestialisch ermordet wurde. Schaetzungen zufolge waren es ca. 20.000 Menschen, sogar Kinder und Babys wurden hier getoetet. Bei der Besichtigung sieht man noch die menschenunwuerdigen winzigen Zellen und die Foltergeraete und ueberall auf dem Fussboden zeugen vertrocknete Blutlachen von den fuerchterlichen Geschehnissen hier. Fotos von den Opfern werden hier ausgestellt und man kann Auszuege aus den erzwungenen "Gestaendnissen" der Opfer nachlesen.
Die "Folterschule" S-21 von aussen:
Fotos von einigen der vielen Opfer:
Ca. 10 Km ausserhalb von Phnon Penh liegt eines der ueber 300 im Lande verstreuten Killing Fields von Choeung Ek. Das Hochwasser hat auf diesem Gebiet vor ca. 20 Jahren knapp 10.000 menschliche Ueberreste (vor allem Schaedel und Knochen) zum Vorschein gebracht welche augegraben und in einer Gedaechnis-Stupa aufgestellt wurden um als Mahnmal zu dienen. Es werden noch weitere 17.000 menschliche Ueberreste allein auf diesem Feld vermutet, jedoch koennen diese derzeit nicht ausgegraben werden. Wenn man dieses Feld betritt, so findet man noch in der Erde Knochen, Zaehne sowie Kleidungsstuecke die im Laufe der Jahre zum Vorschein an die Oberflaeche treten. Um teure Munition zu sparen wurden den Menschen hier einfach die Kehlen durchgeschlitzt oder mit einem Bambusstock der Schaedel zertruemmert. Die Menschen wurden zu Hunderten in den 3 Meter tiefen Graeben liegen gelassen und zugeschuettet. Unserem Guide zufolge reden die Menschen in Kambodscha nicht gerne ueber diese schreckliche Schreckensherrschaft, zum Einen um zu vergessen und zum Anderen, weil damals diejenigen auf einmal spurlos "verschwunden" sind welche damals zu viele Fragen gestellt haben. Die Angst hiervor haelt bei vielen - vor allem aelteren - Kambodschanern noch heute an.
Die Gedaechtnis-Stupa von aussen:

Im Inneren soll so an die Verstorbenen gedacht werden und davor gemahnt werden, dass so etwas schreckliches NIE wieder passiert:


Nachdem wir am Vorabend in unserem Guesthouse den Film "Killing Fields" geschaut haben und nun diese erschreckenden Gedenkstaetten mit eigenen Augen gesehen haben, haben wir uns lange damit versucht auseinanderzusetzen darueber nachgegruebelt wie so etwas wieder (!!!) passieren kann?! Wir haben mit Menschen verschiedener Nationen darueber gesprochen und versucht die Zusammenhaenge und politischen Ereignisse nachzuvollziehen. Dabei kamen jedoch immer wieder die gleichen Fragen auf:
Warum hat man im Ausland nichts dagegen unternommen?
Hat man denn aus dem zweiten Weltkrieg nicht genug gelernt? Wie ist so ein Voelkermord wieder moeglich?
Was ist mit den vielen Taetern und vor allem mit den vielen Kindersoldaten, die damals Berichten zufolge grausamer als die erwachsenen Soldaten die Bevoelkerung gequaelt und getoetet haben, geworden? Diese sind heute um die 40 Jahre alt und leben laut unserem Guide auf dem Lande unter Beobachtung der Regierung. Ihnen wurde vergeben, weil sie damals Kinder waren. Aber wir fragten uns immer wieder wie diese Menschen mit der Vergangenheit leben koennen und ob sie nach all den Taten ueberhaupt ein "normales" Leben fuehren koennen und nicht fuer sich und andere Menschen nach wie vor eine Gefahr darstellen? etc....
Wir haben hier wieder einen neuen Blickwinkel fuer dieses wunderschoene Land mit den vielen freundlichen Menschen bekommen und sind zutiefst beruehrt von der bedrueckenden Geschichte. Obwohl diese Nation so viel Schlimmes erlebt hat, sind die Menschen hier ueberaus freundlich, hilfsbereit und nehmen Fremde mit offenen Armen auf, egal wie arm sie sind. Ueberall sieht man bei den Menschen ein Laecheln auf dem Gesicht, die sich einfach freuen, wenn man mit den Besuchern ein paar Worte auf Englisch austauschen kann. Dies macht einem wieder einmal mehr bewusst, mit was fuer "Luxus"-Problemen wir uns eigentlich tagtaeglich in unserer Heimat herumschlagen!
Wir hoffen, dass so viele Menschen wie moeglich von solchen historischen Geschehnissen erfahren um daraus zu lernen, zu verstehen und dazu beizutragen, dass so etwas nie nie wieder passieren kann!

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Sehr schrecklich...aber ich denke solche Erfahrungen gehören auch zu eurer Reise, ich halte es für ziemlich wichtig die Geschichte eines Landes zu kennen wenn man es bereist und nicht mit Scheuklappen hindurch zu laufen und sich nur mit den schönen Dingen zu beschäftigen..
Morgen hat Jo Geburtstag..
Küsse euch aus Deutschland
Lena